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Selbstmanagement Tag

Flipchart mit dem Text: Luis Rubiales ist nicht allein! Warum noch oft die falschen Typen an Führungspositionen sitzen. Und was das mit dir und der Gesellschaft zu tun hat.

Luis Rubiales ist nicht allein – Warum oft die falschen Männer an Führungspositionen sitzen. NOCH! (#018)

Flipchart mit dem Text: Luis Rubiales ist nicht allein! Warum noch oft die falschen Typen an Führungspositionen sitzen. Und was das mit dir und der Gesellschaft zu tun hat.
Dafür benutze ich die Brille des Veto-Prinzips® von Maike Plath. Sie unterscheidet darin verschiedene (Selbst-) Führungstypen*: Schildkröte, Löwe, Kläffer und Erdmännchen

Luis Rubiales als spanischer Fussballverbandspräsident ist ein typischer Löwe, was sich aus den Zeitungsberichten leicht herauslesen lässt. Löwen haben eine klare Vorstellung, was (für sie) richtig oder falsch ist. Sie haben eine sehr egozentrische Sicht auf die Welt. Sie können sich kaum in die Perspektiven des Gegenübers versetzen und ihr Verhalten schlecht reflektieren. Kritiker sind für sie Idioten. Andere Menschen Objekte, um ihre Ziele zu erreichen. Sie haben einen hohen Selbstwert und weil ihre Körperhaltung gegen aussen Hochstatus vermittelt, ordnen sich viele Menschen solchen Löwentypen unter. Löwen habe eine natürliche Autorität und wegen ihrem Empathie-Defizit eine hohe Durchsetzungskraft. In der (noch) patriarchalen Welt wird das meist als anzustrebender Führungstyp gesehen. Wer mit Löwen zu tun hat, muss sich unterordnen und nach deren Pfeife tanzen. Wer das brav macht, darf aufsteigen und ist Teil des Zirkels. Oft sind die Nacheiferer in der Sprache von Maike Plath sogenannte Kläffer oder Hilfssheriffs. Da sie selber einen schlechten Selbstwert haben, möchten Sie gegen aussen hin stark wirken.

Warum kommen nun solche Menschen (es gibt auch Frauen im Löwen oder Kläffer) an Führungspositionen?

Alle Menschen haben grundsätzlich das Potenzial, alles Facetten zwischen Hoch- und Tiefstatus zu leben. Wir nisten uns jedoch im Laufe unseres Lebens – meist unbewusst innerhalb der patriarchalen Strukturen – in einer Statuskomfortzone ein. Während für wenige Löwen der Hochstatus normal ist, «verstecken» sich viele Menschen durch Tiefstatus im angepassten, gehorsamen Erdmännchen. Erdmännchen sind sehr emphatisch, können sich aber ganz schlecht abgrenzen. Sie passen sich lieber an, statt für sich einzustehen und sind konfliktscheu. Statt Löwen in Schranken zu weisen und für sich einzustehen geben Sie klein bei.

Erdmännchen müssen Verantwortung übernehmen. Wenn diese sich auf den Weg machen und Abgrenzungskompetenz lernen und zusammenstehen, dann hätten wir auf dieser Erde Führungspersonen, welche echtes Leadership leben und nicht «machtgeile und narzistische Egoisten». Get up, stand up! Sobald Erdmännchen die Kunst der Abgrenzung können, werden Sie zu Schildkröten, jenem Führungsstil, bei welchem Menschen gerne selbstbestimmt kooperieren und ihren echten Selbstwert wahren und ausbilden können.

Ein Seminar zum Schnuppern: https://www.urseisenbart.ch/event/die-erdmaennchen-challenge-1/

Lernen Sie gleichwürdige (Selbst-)Führung. Entwickeln Sie Ihre Abgrenzungs-Kompetenz und stärken Sie Ihren «Integritäts-Muskel». Kommen Sie mit auf den Weg zur Schildkröte und steigen sie aus patriarchalen Strukturen aus. Schildkröten führen auf Augenhöhe, stärken den Selbstwert aller Beteiligten und nutzen ihren Einfluss zum Wohle einer Sache.

Die Veto-Weiterbildung: https://www.urseisenbart.ch/event/weiterbildung-vetoprinzip-1/

Von welchem Führungstypen* werden Sie geführt?

  • Werden Sie von einer Schildkröte geführt, fühlen Sie sich grundsätzlich wohl, gesehen und respektiert. Sie kooperieren selbstbestimmt. (Gut für Ihren Selbstwert und ihre Resilienz)
  • Werden Sie von einem Löwen geführt, haben sie Respekt vor seinen Kompetenzen und seiner Autorität, sie fühlen sich aber nicht frei und ordnen sich unter. (Was schlecht ist für Ihren Selbstwert und ihre Resilienz)
  • Werden Sie von einem Kläffer geführt, wissen Sie selten, woran Sie wirklich sind. Sein Verhalten hat keine klare Linie. Sie kooperieren aus Angst. (Sehr schlecht für Ihren Selbstwert und ihre Resilienz)
  • Werden Sie von einem Erdmännchen geführt, kommt das nicht gut. Erdmännchen halten keine Dissonanzen und keinen Widerstand aus. Es ist zu wenig Führung da. (Ein Führungsvakuum ist schlecht für die Mitarbeitenden)

*Hier sind die 4 Führungstypen erklärt: https://youtu.be/AZUUQX3YABw.

Zum neuen Buch (2023) zum Veto-Prinzip® und zum kostenfreien Videokurs von Maike Plath geht es hier:

Luis Rubiales ist auch bei meinen ZRM-Häppchen ein Thema.

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Hinter Ärger und genervt sein liegt Schatten. Daraus kann man neue Ressourcen und Energie gewinnen.

Luis Rubiales nervt – Was kann man daraus für sich lernen? (#004)

Hinter Ärger und genervt sein liegt Schatten. Daraus kann man neue Ressourcen und Energie gewinnen.Bei der Siegerehrung der Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen hat der spanische Verbandspräsident einzelne Spielerinnen auf den Mund geküsst und sie auf den Schultern über den Rasen getragen, was viel Kritik und Rücktrittsforderungen auslöste. (Quelle: St. Galler Tagblatt vom 30. August 2023 «Kritiker nennt er „Idioten“»). Mittlerweile hat sich die Geschichte ausgeweitet, soll aber hier nicht weiter thematisiert werden. Bei den folgenden Überlegungen geht es nicht um Luis Robiales als Einzelperson. Vielmehr will ich in diesem ZRM-Häppchen aufzeigen, was sogenannte Schattenthemen sind und was wir dabei für uns lernen können.

Dass das Verhalten des Verbandspräsidenten höchst unangemessen war, ist klar. Die Frage dahinter ist, wie stark Sie selber davon emotional betroffen waren. Je stärker sie bei dieser Geschichte in ihre Gefühle kamen, desto mehr deutet das darauf hin, dass Sie mit diesem Verhalten in Resonanz stehen, dahinter ein Entwicklungs- oder Schattenthema steht. «Schatten» sind Eigenschaften von uns, welche während unserer Sozialisation von unserem Umfeld nicht anerkannt wurden und somit verdrängt werden mussten. Sie sind uns nicht mehr bewusst, doch weiterhin aktiv. Wenn wir diese Schatteneigenschaften wieder ans Tageslicht bringen, sie «kultivieren» und zu uns nehmen, steht uns eine Ressource zu Verfügung, zu welcher wir bis anhin keinen Zugang hatten. Das setzt Lebensenergie frei und macht uns „ganzer“.

Unsere Schattenthemen zeigen sich in Eigenschaften und Verhaltensweisen unserer Mitmenschen, welche uns ärgern und nerven.
Aus den Zeitungsberichten konnte man herauslesen, welche Verhaltensweisen Luis Rubiales denn so an den Tag legte:

  • Egozentrisch auf die Welt schauen
  • Die Perspektiven und Grenzen des Gegenübers ignorieren
  • Kritiker als Idioten darstellen
  • Eine klare Vorstellung haben, was richtig oder falsch ist
  • Andere Menschen benutzen, um ihre Ziele zu erreichen
  • Sich durchsetzen können

In der Schattenarbeit geht es darum, eigene Schattenthemen zu erkennen und diese individuelll als Ressource zu nutzen. Und zwar auf jene Art und Weise und jener Dosierung, hinter der man dann stehen kann. Vielleicht steckt hinter „unserem“ Ärger über Luis Rubiales der Aufruf, mehr für sich selbst einzustehen, sich bei Gegenwind nicht vom eigenen Weg abbringen zu lassen. Den Mut, mal jemandem auf die Füsse zu stehen und sich nicht immer diplomatisch zu verhalten … Dies wäre zusätzlich zum durchaus berechtigten Shitstorm auch die Chance, vor der eigenen Haustüre zu wischen. Selbstreflexion und Selbstmanagement eben.
Dazu gibt es in meinem Blog «respekt-los» noch eine weitere spannende Betrachtung: Wir alle sind mitbeteiligt, warum an vielen wichtigen Führungspositionen die falschen Personen sitzen.

Lust, das konkret in einem Schattenseminar auszuprobieren?

Buchtipp: Kast, Verena:
Der Schatten in uns. Die subversive Lebenskraft, Patmos­Verlag, Ostfildern, 2016

Luis Rubiales ist auch in meinem Blog ein Thema.

 

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Wir alle sind Marlen Reusser II – Gute Entscheide brauchen Selbstregulation (#003)

Die Schweizer Radrennfahrerin Marlen Reusser hat mitten in einem wichtigen Rennen ohne ersichtlichen Grund aufgegeben. Am 10. August 2023 startete sie an der Rad-Weltmeisterschaft in Schottland als Favoritin im Einzelzeitfahren. «Doch nach etwas mehr als der Rennhälfte sitzt die Schweizerin nicht mehr auf dem Sattel, sondern mit aufgerissenem Trikot und weinend im Gras am Strassenrand.» In einer aufschlussreichen Stellungnahme hat sie zusammengefasst berichtet, dass sie das Sportlerinnenleben mit viel Leidenschaft betrieben, dieses jedoch in den letzten Monaten stark am Energiehaushalt gezerrt hat. Wegen einer intensiven und erfolgreichen Saison blieb kaum Zeit und Raum, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Sie habe zwar gespürt, dass sie eine Pause brauchte, dies aber aus Rücksicht auf all die involvierten Menschen (Fans, Verband, Sponsoren …) und ihre Position («Mein Leben ist ein Privileg») nicht gemacht. Spannend ist, wie sie den Moment der Aufgabe beschrieben hat: «In diesem Zeitfahren habe ich erkannt, dass ich überhaupt nicht bereit bin, das nicht will. Ich habe das für andere Leute getan. Es wäre dann der Teil gekommen, in dem ich hätte aufdrehen müssen, und ich hatte überhaupt keinen Bock darauf. Und danach habe ich angehalten.» (Quelle: St. Galler Tagblatt vom 12. August 2023)

Das heutige ZRM-Häppchen stellt eine mögliche Erklärung für das Geschehene dar und was jede und jeder von uns daraus lernen kann. Dies ist keineswegs als Diagnose, sondern ganz im Sinne der ZRM-Coaching-Haltung als Idee zu verstehen. Auf jeden Fall habe ich grossen Respekt vor Frau Reusser, ihrem Entscheid und freue mich, dass sie «die Vorgänge in ihrem Inneren» der Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt hat. Denn wir alle sind Marlen Reusser!*

Was der Radrennfahrerin zufällig und unerwartet passiert ist, können wir bewusst für unser Leben und unser Selbstmanagement anwenden, um langfristig gesund und glücklich zu leben. Dafür ist es wichtig zu beachten, dass wir Menschen im Gehirn zwei Bewertungs- und Entscheidungssysteme haben: Mit dem Verstand können Aufgaben geplant, Abläufe berechnet, Argumente abgewogen und vieles mehr gemacht werden. Die Verarbeitung ist bewusst und läuft über Sprache.  Das zweite System ist das Unbewusste. Es erledigt seine Aufgaben im Verborgenen, es ist extrem schnell und dem Besitzer unbewusst. Die Bewertungen zeigen sich in sogenannten somatischen Markern, das sind diffuse Gefühle und/oder Körperempfindungen.

Damit wir längerfristig gesund bleiben und «stimmig» leben können, sollten die meisten Entscheide in Selbstregulation stattfinden.

Selbstregulation: Verstand und Unbewusstes werden synchronisiert: Bei wichtigen Lebensentscheiden (z.B. Karriere, Stellenwahl, Beziehungen, Hauskauf, …) müssen unbedingt Verstand und Unbewusstes zusammen Ja sagen. Das heisst, dass die beiden Systeme «zusammenspielen» und ein Entscheid sich stimmig anfühlt.

Selbstkontrolle: Der Verstand dominiert über das Unbewusste: Menschen haben die Fähigkeit, mit ihrem Verstand Gefühle und andere Signale des Unbewussten zu unterdrücken. Das ist wichtig, um sich auf etwas fokussieren zu können und um Ziele zu erreichen. Für die Prüfung zu lernen, statt baden zu gehen. Die Frucht zu wählen statt den Kuchen, um den Zuckerkonsum zu regulieren. Im ZRM gilt die Faustregel, das maximal 1/3 des Lebens unter Selbstkontrolle stehen soll.

Impulsivität: Das Unbewusste dominiert den Verstand: Was bei kleinen Kindern noch normal ist, ist bei Erwachsenen in vielen Fällen eine kleine «Behinderung». Wir geben längerfristige Ziele für kurzfristige Lustbefriedigung auf.

Zurück zur Situation von Marlen Reusser. Sie ist sich von jeher gewohnt (jetzt im Radsport wie auch früher für ihr Arztstudium), an grossen Zielen dranzubleiben. Das bedeutet, dass sie gewohnt ist, einen Teil ihrer Bedürfnisse für das angepeilte Ziel zu unterdrücken. Je stärker unsere Selbstkontrolle entwickelt ist, desto schwieriger ist es, die Botschaften des Unbewussten zu spüren, bzw. auch das Handeln darauf auszurichten. Marlen Reusser hat im Vorfeld gespürt, was richtig gewesen wäre, hat aber nicht darauf gehört.*

«Womöglich würden ganz viele Leute mal eine Pause benötigen, und wir sollten mehr davon machen.»

Und jetzt wird’s spannend. Je weniger wir auf diese Signale hören, desto lauter werden sie. Oder sie erwischen genau den richtigen «Slot», um die Verstandes-Barriere zu überlisten. Im Zeitfahren ist man nicht mit anderen unterwegs, sondern allein auf sich gestellt. Und wie wir das selber von Radtouren kennen: Wenn wir alleine unterwegs sind, kommt das Gehirn in einen anderen Modus und es steigen Gedanken und Ideen aus dem Unbewussten auf. Bei Frau Reusser die Sinn-Frage: Für das Rennen vielleicht «katastrophal», für ihr weiteres Leben jedoch von «zentraler Bedeutung».

«Ich habe noch nicht genug vom Velofahren. Ich werde wieder Wettkämpfe bestreiten. … Aber ich muss mehr auf mich und meinen Körper hören.»

Für ihre weitere Karriere würde es für Frau Reusser Sinn machen, die bewussten und unbewussten Bedürfnisse zu synchronisieren. In einem ZRM®-Coaching würden wir dazu diese explorieren und im Anschluss daran ein passendes Motto-Ziel entwickeln. Damit sie ihre weitere Karriere zufrieden und auf ihre Art in Selbstregulation fortsetzen kann.***

Quelle: Meier et al: «Ressourcenorientiertes Einzelcoaching nach ZRM®»

Wir alle sind Marlen Reusser Teil I»- Zum Thema gibt es in meinem Blog «respekt-los» noch ein weiteres spannendes Erklärungsmodell. Im aktuellen Beitrag erkläre ich hier den existenziellen Konflikt nach Jesper Juul, der das Aufgeben im WM-Zeitfahren nochmals anders beleuchtet.

**Bei allen Menschen sind diese Signale im Körper messbar, etwa 10% der Menschen können sie aber nicht bewusst wahrnehmen. Falls Sie dazugehören, der Suchbegriff wäre «Alexithymie oder Gefühlsblindheit»

***Ein beispielhafter ZRM-Prozess findet sich hier.

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Wir alles sind Marlen Reusser I – Täglich im existenziellen Konflikt (#017)

Am Beispiel von Marlen Reusser lässt sich der existenzielle Konflikt nochmals wunderbar erklären. Die Schweizer Radrennfahrerin hat mitten in einem wichtigen Rennen ohne ersichtlichen Grund aufgegeben. Ich habe grossen Respekt vor Frau Reusser, ihrem Entscheid und freue mich, dass sie «die Vorgänge in ihrem Inneren» der Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt hat (Quelle: St. Galler Tagblatt vom 12. August 2023). Das, was ihr passiert ist, betrifft uns alle. Täglich!

Am 10. August 2023 startete sie an der Rad-Weltmeisterschaft in Schottland als Favoritin im Einzelzeitfahren. «Doch nach etwas mehr als der Rennhälfte sitzt die Schweizerin nicht mehr auf dem Sattel, sondern mit aufgerissenem Trikot und weinend im Gras am Strassenrand.» In einer aufschlussreichen Stellungnahme hat sie zusammengefasst berichtet, dass sie das Sportlerinnenleben mit viel Leidenschaft betrieben, dieses jedoch in den letzten Monaten stark am Energiehaushalt gezerrt hat. Wegen einer intensiven und erfolgreichen Saison blieb kaum Zeit und Raum, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Hier meine Interpretation, die ich den Leserinnen und Lesern als Idee zu Verfügung stelle: Marlen Reusser ist das passiert, was – in unserer aktuellen Gesellschaft –  neun von zehn Menschen unbewusst passiert. In den meisten Fällen übergeht man Integrität und wählt Kooperation. Sagt JA, auch wenn man innerlich bei NEIN ist. Dabei ist es keinesfalls Egoismus, die eigene Gesundheit und Bedürfnisse zu schützen, sondern schlicht und einfach lebensnotwendig. Diese Grundkompetenz wird jedoch in unserer Gesellschaft übergangen. Wir lernen das nicht als Kinder, weil die wenigsten Erwachsenen diesbezüglich schon Vorbilder sind. Wenn von Verantwortung geredet wird, meint man aller meistens die soziale Verantwortung.

Sie habe zwar gespürt, dass sie eine Pause brauchte, dies aber aus Rücksicht auf all die involvierten Menschen (Fans, Verband, Sponsoren …) und ihre Position («Mein Leben ist ein Privileg») nicht gemacht.

Marlen Reusser hat aus meiner Aussensicht eine Musterkarriere hingelegt: Zuerst Ärztin, danach Radprofi. Wenn man etwas echt will und aus eigenem Willen kooperiert, ist das kein Problem. Auch dass man für eine Zeit lang Bedürfnisse für ein angepeiltes Ziel unterdrückt. Wenn man aber aufgrund von Erwartungen (Lehrpersonen, Eltern … später dann auch Fans, Verband und Sponsoren) Normen erfüllt oder sich zu stark anpasst, kann das im wahrsten Sinne des Wortes schiefgehen, gerät die Balance in Schieflage: «Lebe ich mich» oder «Lebe ich die Erwartungen anderer». Oder anders gesagt: Entwickle ich (m)eine echte Identität oder eine (sogenannte) Fake-Identität.

«In diesem Zeitfahren habe ich erkannt, dass ich überhaupt nicht bereit bin, das nicht will. Ich habe das für andere Leute getan. Es wäre dann der Teil gekommen, in dem ich hätte aufdrehen müssen, und ich hatte überhaupt keinen Bock darauf. Und danach habe ich angehalten.»

Ist die Balance zwischen Integrität und Kooperation nicht ausgeglichen, sendet der Körper zuerst leise Signale aus. Nehmen wir diese nicht wahr, werden sie immer lauter, bzw. entstehen Symptome. Burn-Out ist ein solcher Fall: Erlaubt mir mein Kopf nicht «Jetzt ist Schluss» zu sagen, macht es der Körper». Insofern war die Millisekunde der Erkenntnis während des Zeitfahrens vielleicht «katastrophal» für das Rennen, für ihr weiteres Leben jedoch mit ziemlicher Sicherheit ein Glücksfall.

«Ich habe noch nicht genug vom Velofahren. Ich werde wieder Wettkämpfe bestreiten. … Aber ich muss mehr auf mich und meinen Körper hören.»

Für ihre weitere Karriere würde es für Frau Reusser Sinn machen, eine Balance zu finden zwischen persönlicher und sozialer Verantwortung. Dass sie ihre Integrität ebenso achtet wie das Bedürfnis nach Kooperation. Immer wenn ein Mensch für sich selber einsteht, stärkt er oder sie den eigenen Selbstwert und somit Gesundheit und Resilienz.

«Womöglich würden ganz viele Leute mal eine Pause benötigen, und wir sollten mehr davon machen.»

Dafür ist es unerlässlich, persönliche Verantwortung zu übernehmen. In der Schule und Arbeitswelt lernen wir es nicht, auch die wenigsten von uns haben dies in ihren Familien mitbekommen. Es ist deshalb wichtig für Eltern, Fachpersonen, Trainerinnen und Trainer, Lehr- und Führungspersonen, dass wir uns das immer mehr selber aneignen, damit wir diese Kompetenz Kindern und Jugendlichen auch weitergeben können.

Wäre Marianne Reusser bei mir im Coaching, würde ich mit ihr nach der Methode des Zürcher Ressourcen Modell ZRM® ein passendes Motto-Ziel finden, um dieses neue Verhalten der Abgrenzung möglichst schnell zu etablieren. Dazu ist die Unterscheidung zwischen Selbstregulation und Selbstkontrolle wichtig, beziehungsweise die Integration von Verstand und unbewussten Anteilen. Sie finden diese Infos bei den ZRM-Häppchen hier.

Quellen:
Helle Jensen/Jesper Juul: «Vom Gehorsam zur Verantwortung»
Maike Plath: «Das Veto-Prinzip®»

Siehe dazu: Existenzieller Konflikt (#014) / Kooperationsimpuls (#006)

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Smartziele sind nicht immer smart (#002)

Das heutige Häppchen aus dem Selbstmanagementtraining «Zürcher Ressourcen Modell ZRM®» fokussiert auf kluge Zielformulierungen.

Neujahrsvorsätze und ähnliche Vorhaben (SMART-Ziele) wie «Mehr Sport treiben» oder «5 kg abnehmen» sind darum bei persönlichen Themen zum Scheitern verurteilt, weil sie lediglich aus dem Kopf kommen. Soll echte Veränderung im Alltag passieren, müssen wir unbedingt den Körper mit unseren unbewussten Anteilen mit ins Boot holen. Oft sind das sich widersprechende Bedürfnisse und Motive. Klar möchte ich einen schlanken Körper, aber ich geniesse auch gerne und mache nichts lieber, als mit anderen Menschen zusammenzusitzen.

Der Weg zum smarten «Ergebnis» führt über sogenannte Motto-Ziele, die individuell für jede Person erarbeitet werden. Es geht darum, in einer bildhaften und erdigen Sprache jene Haltung auszudrücken, mit welcher man im Alltag situativ und motiviert im gewünschten Sinn handeln kann. Statt «5kg abzunehmen» kann das z.B. heissen: «Ich geniesse meinen leichten Körper». Stimmt das «Motto-Ziel», kommt man vom «Ich möchte» ins «Ich will». Haltungsziele erhöhen die Chance zur Umsetzung eines persönlichen Vorhabens (siehe Beitrag #001).

Ein beispielhafter ZRM-Prozess findet sich hier.

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Hätte, hätte, Fahrradkette (#001)

Gerne stelle ich Ihnen an dieser Stelle einige Häppchen aus dem Selbstmanagementtraining «Zürcher Ressourcen Modell ZRM®» vor, die auch im Alltag nützlich sein können. Heute geht es um verschiedene «motivationale» Welten.

Bei sich selbst und bei anderen Menschen kann man mit etwas Achtsamkeit gut feststellen, in welcher motivationalen Welt sie gerade leben. Redet die Kollegin von «Sie sollte einmal das Büro aufräumen» kann das durchaus in drei Jahren noch nicht gemacht sein. Die Welt des «Ich möchte-könnte-sollte» besteht aus Möglichkeiten und lebt vom Konjunktiv. «Hätte, hätte, Fahrradkette.» eben.

Ganz anders die Welt des «Ich will». Da ist die Motivation gross, das Büro will tatsächlich aufgeräumt sein. Oft reicht diese motivationale Energie dann auch aus, um ins Tun zu kommen. Aber eben nicht immer. Weil Menschen auch sich widersprechende Motive oder wenig nützliche Routinen haben, wird die «Ich will»-Energie oft korrumpiert.

Für beide Übergänge gibt es Unterstützungsmöglichkeiten. Hier muss man aber unterscheiden. Wer motivational noch im Konjunktiv ist, den bringen Umsetzungstipps nicht weiter. Hier braucht es Klärungsimpulse motivationaler Art. Das Zürcher Ressourcenmodell ist ein erprobter Selbstmanagementsablauf, um über beide Übergänge zu kommen.

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Konsequente Inkonsequenz (#016)

Letzthin haben wir in einer Supervisiongruppe den Begriff «bewusste oder reflektierte Inkonsequenz» erfunden. In der Reflexion mit dem Übertitel «Umgang mit Widerstand*» ging es um die Herausarbeitung einer längerfristig nützlichen Haltung im Team. Es war schnell klar, dass hier nicht – wie oft beobachtbar in pädagogischen Teams – zwei «unversöhnliche» Haltungen gegenüberstehen: Die eine Gruppe, die für totale Konsequenz steht, die andere, die für beziehungsorientiertes situatives Vorgehen ist. Also keine Diskussion, sondern das Ringen um einen gemeinsamen Weg:

„Wie wollen wir vorgehen, im Wissen darum, dass der autoritäre Umgang mit «Widerstand» über Formen der Manipulation wie Belohnen/Bestrafen usw. die Beziehung torpediert und Trennung statt Verbindung schafft. Und lediglich dazu führt, dass beim Gegenüber weder eigenveranwortete Kooperation noch persönliches Commitment entsteht. Und was tun wir, wenn wir selber unsicher sind, um nicht in autoritäre Muster zurückzufallen?

Es ging also darum, sich im Spannungsfeld  «Autoritär versus Beziehungsorientierung» zu reflektieren und eine Haltung zu entwickeln, die langfristig wirkliche Resultate in Bezug auf die Kooperation bringt. Darum ist es für echte pädagogische Prozesse wichtig in Bezug auf Bezugspersonen einerseits konsequent ein Ziel zu verfolgen, andererseits das «noch nicht» auszuhalten. Denn dieses Vorgehen ist langfristig 100x nützlicher und stärkt bei allen Beteiligten Integrität und Resilienz:

„Konsequente Inkonsequenz“ kann also verglichen werden mit folgenden Begriffen aus dem Yoga: «Ishvarapranidana», was «Hingebungsvoll loslassen» bedeutet. Oder «sthirasukram», was «Entspannte Aufmerksamkeit» bedeutet. Bei allen diesen Beispielen geht es darum, zwei unterschiedliche Qualitäten miteinander zu verbinden.
Keine Person hat auf das «Richtige» gepocht, es wurde sozusagen das gesamte Spektrums der Wirklichkeit ausgelotet. Und das verbindet und hat man auch in der Gruppe gespürt.

Das Gegenteil wäre die zufällige oder fahrlässige Inkonsequenz bei Grenzüberschreitungen. Oder die Inkonsequenz den eigenen Werten gegenüber (Z.B.: Weil du dich so und so verhältst, bin ich jetzt gezwungen andere Saiten aufzuziehen.“) Ich muss mit den Bezugspersonen wollen und «Ich will mit dir und bleibe dran» signalisieren, erst recht, wenn sie (noch) im Widerstand sind.

*Wenn wir systemisch denken wird der Begriff «Widerstand» überflüssig und für die Lösungssuche zum Hindernis. Wir würden mehr von «Hinweis» reden, dass für das Gegenüber etwas nicht stimmig oder sinnvoll erscheint. Denn alle Menschen lieben es grundsätzlich zu kooperieren. Siehe dazu: Existenzieller Konflikt (#014) / Kooperationsimpuls (#006)

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Sind Sie auf Ihrer Bahn? (#015)

Ich habe aus dem Vetoprinzip* das Format «Action-Figuren-auf Bahnen» kennenlernen dürfen. Ein wunderbarer Erfahrungsspielraum, damit Menschen für sich am Thema Präsenz, Achtsamkeit und (Selbst-) Führung forschen können. „Bin ich auf meiner Bahn?“ ist eine wichtige Analogie für eine zentrale Kernkompetenz beim Führen.

Das Format ist einfach und schlicht. Die Aufgabe zuerst banal. Jede Person hat eine Bahn von ca. 10 Metern zu Verfügung, auf welcher man (für lediglich 4 Minuten) machen soll, was man will. Und machen was man will bedeutet auf einer Skala von (fast) gar nichts (z.B. am Boden liegen, in langsamem Schritt die Bahn rauf und runter gehen) bis fast alles (z.B. laut das Publikum beschimpfen, Tanzschritte ausüben, die Landeshymne singen).

So einfach die Aufgabe ist, sie deckt alles auf, was im Kontext Präsenz und Selbstführung von Bedeutung ist.

  • Wie empfinde ich die Zeit? Zu lang oder zu kurz? Oder genau richtig?
  • Wann war ich motiviert etwas zu tun? Gab es auch „Motivationslöcher“ oder Phasen, in denen ich keine Ideen hatte Wie bin ich damit umgegangen?
  • Wann war ich bei mir selbst (also im Flow) und wann war ich im Bewertungs-Modus (innerer Zensor)? Wann war ich „Ausser-mir“)?
  • Wie bin ich mit Phasen des „Ausser-Mir-Seins“ umgegangen?
  • Habe ich von mir etwas gezeigt oder habe ich mich versteckt?

Wie gut kann ich bei mir und somit auf meiner „inneren Bahn“ bleiben, auch wenn andere nicht gleich das wollen was ich will? Wenn der Sohn aus dem Zimmer „Nein“ ruft? Schüler*innen sich nicht an Regeln halten? Wenn Mitarbeitende nicht gleich meine Aufträge ausführen? Wenn ich etwas in die Welt bringen will und Gegenwind aufkommt? Kann ich da bei mir, beziehungsweise in der inneren Ruhe bleiben? Oder wirft es mich dann gleich aus der Bahn? Verliere ich den Fokus auf mein Inneres und meine eigenes Vorhaben, werde nervös und verliere mich dann, weil ich zu stark ins Aussen, zum anderen und dessen Verhalten gehe? Und reagiere dann mit ungewollten automatisierten Verhaltensmustern?

Das kann auch in einem Gespräch passieren oder in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Schaue ich immer darauf, was andere Menschen auf ihrer Bahn machen? Lasse ich mich von anderen von meinem Weg abbringen? Werde ich unsicher, weil ich mich frage, was sie über mich denken? Gelingt es mir da, gemäss der 60:40 „Regel“**, trotzdem etwas mehr bei mir zu bleiben statt beim Gegenüber. Den Fokus auf mich, meinen Körper, meine (Aus-)Richtung zu halten. Eben auf meiner Bahn zu bleiben.

Genau darum geht es, wenn wir beziehungs- und selbstwertorientiert auf Augenhöhe führen: Die Balance zu halten zwischen Führung (auf meiner Bahn bleiben) und Empathie (die Bahn des Gegenübers beachten). Die 60 steht für Führung, Klarheit,  Dranbleiben, Vorangehen. Die 40 steht für Empathie, die Perspektive wechseln, das Gegenüber wahrnehmen und in Resonanz gehen.

Die Action-Figuren auf Bahnen und das Veto-Prinzip können Sie in verschiedenen Seminaren kennenlernen, z.B. hier

Quellen:
*Maike Plath
**Helle Jensen

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Respekt und Mitgefühl – Los! (#003)

An einem kleinen Beispiel aus dem Pandemiegeschehen können wir bei uns selber feststellen, wie respektvoll man anderen Haltungen und Meinungen begegnen und dabei das Menschliche in den Mittelpunkt stellen kann. Zuweilen gehen ja die Diskussionen zwischen Virenschutz und Massnahmen, sowie Wirtschaft und Menschen weit auseinander. Und werden ziemlich gehässig geführt.

Geht man auf die existenzielle Ebene, welche die Motive und Bedürfnisse von Menschen mitberücksichtigt, können hinter all diesen Positionen Bedürfnisse wie Sicherheit, Freiheit, Autonomie oder auch Nähe und Verbindung festgestellt werden. Werden diese existenziellen Bedürfnisse in Frage gestellt, entsteht beim Einzelnen Angst und somit körperlicher Stress.

Während bei den einen Menschen die Angst vor Ansteckung grassiert, ängstigen sich andere vor Impfschäden. Bei wiederum anderen herrscht die Angst vor wirtschaftlichem Existenzverlust oder man fürchtet sich um die Demokratie oder die persönliche Freiheit.

Ich selber habe vor dem Virus Respekt, mache mir aber um meine Gesundheit keine Sorgen. Mein persönlicher Stress speist sich vielmehr aus der Angst vor Einschränkungen in Bezug auf Freiheit und Autonomie. Diese Angst hat mich in den letzten Monaten immer wieder schnell in Rage gebracht. Man versucht dann, die anderen Positionen (und die Menschen dahinter) zu bekämpfen, sie abzuwerten und lächerlich zu machen.

Mein Blickwinkel verengte sich, ich verlor das Interesse für die anderen Meinungen. Mittlerweile gelingt es mir ziemlich gut, den verschiedenen Positionen und den Menschen, die sie vertreten, Mitgefühl entgegen zu bringen. Im Wissen darum, dass alle unsere menschlichen Bedürfnisse wichtig sind und die einzelnen Vertreter*innen lediglich Aspekte davon repräsentieren.

Einerseits hilft mir das, das ganze Spektrum an Informationen vergleichen zu können und mir eine gute eigene Meinung zu machen. Zudem entwickle ich selber weniger Stresshormone in meinem Körper. Zusammen mit dem Mitgefühl stärkt das auch mein Immunsystem.

Zielbezogen für die Pandemie zum Beispiel bedeutet dies, dass sämtliche Vorgehensweisen und Regelungen unter dem Aspekt aller Bedürfnisse angeschaut und betrachtet werden. Das erhöht die Chance, dass alle Menschen freiwillig und engagiert kooperieren. Widerstand ist ein Indikator dafür, dass diesbezüglich noch Baustellen sind.

Das gilt nicht nur für Staaten, sondern auch für Organisationen und Teams, Schulklassen und Familien. Es lohnt sich, in Führung und Erziehung stets die menschlichen Bedürfnisse auf dem Radar zu haben. (» Führungstraining)

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