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Veto-Prinzip Tag

Konsequente Inkonsequenz (#016)

Letzthin haben wir in einer Supervisiongruppe den Begriff «bewusste oder reflektierte Inkonsequenz» erfunden. In der Reflexion mit dem Übertitel «Umgang mit Widerstand*» ging es um die Herausarbeitung einer längerfristig nützlichen Haltung im Team. Es war schnell klar, dass hier nicht – wie oft beobachtbar in pädagogischen Teams – zwei «unversöhnliche» Haltungen gegenüberstehen: Die eine Gruppe, die für totale Konsequenz steht, die andere, die für beziehungsorientiertes situatives Vorgehen ist. Also keine Diskussion, sondern das Ringen um einen gemeinsamen Weg:

„Wie wollen wir vorgehen, im Wissen darum, dass der autoritäre Umgang mit «Widerstand» über Formen der Manipulation wie Belohnen/Bestrafen usw. die Beziehung torpediert und Trennung statt Verbindung schafft. Und lediglich dazu führt, dass beim Gegenüber weder eigenveranwortete Kooperation noch persönliches Commitment entsteht. Und was tun wir, wenn wir selber unsicher sind, um nicht in autoritäre Muster zurückzufallen?

Es ging also darum, sich im Spannungsfeld  «Autoritär versus Beziehungsorientierung» zu reflektieren und eine Haltung zu entwickeln, die langfristig wirkliche Resultate in Bezug auf die Kooperation bringt. Darum ist es für echte pädagogische Prozesse wichtig in Bezug auf Bezugspersonen einerseits konsequent ein Ziel zu verfolgen, andererseits das «noch nicht» auszuhalten. Denn dieses Vorgehen ist langfristig 100x nützlicher und stärkt bei allen Beteiligten Integrität und Resilienz:

„Konsequente Inkonsequenz“ kann also verglichen werden mit folgenden Begriffen aus dem Yoga: «Ishvarapranidana», was «Hingebungsvoll loslassen» bedeutet. Oder «sthirasukram», was «Entspannte Aufmerksamkeit» bedeutet. Bei allen diesen Beispielen geht es darum, zwei unterschiedliche Qualitäten miteinander zu verbinden.
Keine Person hat auf das «Richtige» gepocht, es wurde sozusagen das gesamte Spektrums der Wirklichkeit ausgelotet. Und das verbindet und hat man auch in der Gruppe gespürt.

Das Gegenteil wäre die zufällige oder fahrlässige Inkonsequenz bei Grenzüberschreitungen. Oder die Inkonsequenz den eigenen Werten gegenüber (Z.B.: Weil du dich so und so verhältst, bin ich jetzt gezwungen andere Saiten aufzuziehen.“) Ich muss mit den Bezugspersonen wollen und «Ich will mit dir und bleibe dran» signalisieren, erst recht, wenn sie (noch) im Widerstand sind.

*Wenn wir systemisch denken wird der Begriff «Widerstand» überflüssig und für die Lösungssuche zum Hindernis. Wir würden mehr von «Hinweis» reden, dass für das Gegenüber etwas nicht stimmig oder sinnvoll erscheint. Denn alle Menschen lieben es grundsätzlich zu kooperieren. Siehe dazu: Existenzieller Konflikt (#014) / Kooperationsimpuls (#006)

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Sind Sie auf Ihrer Bahn? (#015)

Ich habe aus dem Vetoprinzip* das Format «Action-Figuren-auf Bahnen» kennenlernen dürfen. Ein wunderbarer Erfahrungsspielraum, damit Menschen für sich am Thema Präsenz, Achtsamkeit und (Selbst-) Führung forschen können. „Bin ich auf meiner Bahn?“ ist eine wichtige Analogie für eine zentrale Kernkompetenz beim Führen.

Das Format ist einfach und schlicht. Die Aufgabe zuerst banal. Jede Person hat eine Bahn von ca. 10 Metern zu Verfügung, auf welcher man (für lediglich 4 Minuten) machen soll, was man will. Und machen was man will bedeutet auf einer Skala von (fast) gar nichts (z.B. am Boden liegen, in langsamem Schritt die Bahn rauf und runter gehen) bis fast alles (z.B. laut das Publikum beschimpfen, Tanzschritte ausüben, die Landeshymne singen).

So einfach die Aufgabe ist, sie deckt alles auf, was im Kontext Präsenz und Selbstführung von Bedeutung ist.

  • Wie empfinde ich die Zeit? Zu lang oder zu kurz? Oder genau richtig?
  • Wann war ich motiviert etwas zu tun? Gab es auch „Motivationslöcher“ oder Phasen, in denen ich keine Ideen hatte Wie bin ich damit umgegangen?
  • Wann war ich bei mir selbst (also im Flow) und wann war ich im Bewertungs-Modus (innerer Zensor)? Wann war ich „Ausser-mir“)?
  • Wie bin ich mit Phasen des „Ausser-Mir-Seins“ umgegangen?
  • Habe ich von mir etwas gezeigt oder habe ich mich versteckt?

Wie gut kann ich bei mir und somit auf meiner „inneren Bahn“ bleiben, auch wenn andere nicht gleich das wollen was ich will? Wenn der Sohn aus dem Zimmer „Nein“ ruft? Schüler*innen sich nicht an Regeln halten? Wenn Mitarbeitende nicht gleich meine Aufträge ausführen? Wenn ich etwas in die Welt bringen will und Gegenwind aufkommt? Kann ich da bei mir, beziehungsweise in der inneren Ruhe bleiben? Oder wirft es mich dann gleich aus der Bahn? Verliere ich den Fokus auf mein Inneres und meine eigenes Vorhaben, werde nervös und verliere mich dann, weil ich zu stark ins Aussen, zum anderen und dessen Verhalten gehe? Und reagiere dann mit ungewollten automatisierten Verhaltensmustern?

Das kann auch in einem Gespräch passieren oder in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Schaue ich immer darauf, was andere Menschen auf ihrer Bahn machen? Lasse ich mich von anderen von meinem Weg abbringen? Werde ich unsicher, weil ich mich frage, was sie über mich denken? Gelingt es mir da, gemäss der 60:40 „Regel“**, trotzdem etwas mehr bei mir zu bleiben statt beim Gegenüber. Den Fokus auf mich, meinen Körper, meine (Aus-)Richtung zu halten. Eben auf meiner Bahn zu bleiben.

Genau darum geht es, wenn wir beziehungs- und selbstwertorientiert auf Augenhöhe führen: Die Balance zu halten zwischen Führung (auf meiner Bahn bleiben) und Empathie (die Bahn des Gegenübers beachten). Die 60 steht für Führung, Klarheit,  Dranbleiben, Vorangehen. Die 40 steht für Empathie, die Perspektive wechseln, das Gegenüber wahrnehmen und in Resonanz gehen.

Die Action-Figuren auf Bahnen und das Veto-Prinzip können Sie in verschiedenen Seminaren kennenlernen, z.B. hier

Quellen:
*Maike Plath
**Helle Jensen