Respektvoll respektlos! (#004)
Im Haus der Nachbarn werden Hausaufgaben gemacht. Es geht um Steigerungsformen von Adjektiven. Schön – schöner – am schönsten. Gross – grösser – am grössten. Und so weiter. Kennen Sie oder? Bis die Reihe an respektlos – respektloser ist. Da ruft der andere Junior aus der Küche laut «ehrlich», und los geht ein Schmunzeln, Lachen, Stirnrunzeln. Bis eine Diskussion entsteht, was genau er denn meine. Und schon sind wir an der Grenze, was Menschen tun oder sagen dürfen. Was ein Gegenüber sich getraut oder nicht? Wo man etwas wagt und aufbricht. Oder lieber schweigt.
Wenn es in der Arbeit mit Teams und Gruppen um Feedback geht, rede ich oft von «Criticals Friends», kritisch wohlwollenden Freunden. Ich ermuntere die Menschen, offen und authentisch ihre Meinung und ihren Blickwinkel zu sagen und den Mut zu haben, anderen blinde Flecken aufzuzeigen. Die Aussensicht zu Verfügung zu stellen. Verhaltensweisen zu thematisieren. Und gleichzeitig zu zeigen, dass das Gegenüber als Mensch voll ok ist. Das gelingt vor allem dann, wenn ich als Begleiter einen sicheren Rahmen bieten kann.
«Man sollte öfters einen Mutanfall haben» ist ein passender Satz, wenn es darum geht, in einen echten Dialog zu kommen. Das ist auch im Privaten wichtig, wenn Menschen in Beziehungen einen Schritt weiterkommen möchten. Respektvoll respektlos eben.